Wer war J. Gensfleisch? Was sind Holzlettern, Handabzugspressen, Kniehebelpressen und Druckstöcke? Welche Bibliothek feiert dieses Jahr ihr einhundertjähriges Jubiläum? Das sind Fragen, mit welchen wir uns schon vorab beschäftigten und natürlich begann auch das Rätsel raten wohin die Schulungsveranstaltung gehen sollte. Nach und nach wurden wir mit mehr Informationen zu diesen zwei Tagen informiert. Das Ziel stand fest, erst nach Mainz und am zweiten Tag nach Frankfurt/Main in die Deutsche Nationalbibliothek (DNB).

Pünktlich um 7.50 Uhr am 25. Juli trafen sich die drei Volontärinnen Nadja Steinbach, Sonja Steinhauer und Bettina Stötzer mit Frau Gutekunst und mit uns (Bald-) Azubis am Stuttgarter Bahnhof. Nach einer gemütlichen und ruhigen Zugfahrt kamen wir um 10.10 Uhr am Mainzer Hauptbahnhof an.
Nach ersten Orientierungsproblemen fanden wir, trotz Umwegen, den Weg zu unserem Hotel. Dort haben wir unser Gepäck verstaut und uns auf den Weg zu unserem ersten Programmpunkt gemacht …

Unsere erste Station in Mainz – nachdem wir unter großer Hitze und Anstrengung den „Berg“ hinauf zum Hotel erstiegen hatten – war der Druckladen des Gutenberg Museums. Die Werkstatt ist ausgerüstet mit schönen alten  Setzschränken, Bleischriften und Plakatlettern aus Holz. Unter Anleitung von jungen Studentinnen setzten wir also Letter und druckten auf Kniehebel- und Tiefdruckpressen sowie auf Tisch- und Hand-Abzugspressen. Es war interessant zu sehen, wie Bücher früher gedruckt wurden. Wie aufwendig dieses Verfahren war, konnten wir durch unseren eigenen Einsatz an der Druckpresse erahnen. Die museumspädagogische Werkstatt ist stark auf Kinder ausgerichtet und dementsprechend fanden sich unter unseren Druckerzeugnissen jede Menge bunte Schildkröten, Mainzelmännchen, Pferdchen und Äffchen.

N.Steinbach

 

Nach dem spannenden Besuch in dem Druckerladen hatte wir kurz Zeit zum verschnaufen. Schnell schauten wir uns noch das Mainzer Wahrzeichen an und dann ging es auch schon auf ins Gutenberg Museum …

Was haben Johannes Gutenberg und die Koreaner gemeinsam? Eigentlich nicht viel, würde man sagen. Doch das Gutenberg-Museum in Mainz lehrte uns an diesem Tag etwas anderes: Die Koreaner haben zeitlich noch vor Gutenberg die beweglichen Metalllettern erfunden.
Wenn die Koreaner den Druck mit beweglichen Metalllettern vor Gutenberg erfunden haben, warum gilt Gutenberg dann als Erfinder des modernen Buchdrucks? Weil unser lateinisches Alphabet eine überschaubare Anzahl an Buchstaben hat und sich so das Novum in der Druck-Kunst durchsetzen konnte. Die Koreaner verwendeten im Mittelalter hauptsächlich chinesische Schriftzeichen, die eine Vielzahl von Lettern erforderten. Der Druck mit beweglichen Lettern stellte, im Vergleich zum Druck mit festen Druckstöcken, keinen großen Fortschritt da.

Also, Gutenberg gilt als Erfinder des Drucks mit beweglichen Metalllettern. Geboren um 1400 in Mainz als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns genoss er Bildung (er konnte ja schreiben und lesen), hielt sich mehrere Jahre in Straßburg auf, kehrte Ende der 1440er Jahre nach Mainz zurück und entwickelte um 1450 mit dem Investor Johannes Fust und seinem Mitarbeiter Peter Schöffer die erste Druckwerkstatt. Nach einer gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Gutenberg und Fust, bei dem Schöffer als Zeuge für Fust auftrat, musste Gutenberg seine Druckerei an Fust abgeben. Peter Schöffer blieb in der Druckerei bei Fust und entwickelte das Druckverfahren weiter. Nach Fusts Tod heiratete Schöffer die Tochter von Fust und gründete weitere Druckereien. Schöffer war der erste Buchhändler und Verleger im Zeitalter des Buchdrucks.

Und Herr Gensfleisch? Er kehrte in sein Elternhaus zum Gutenberg zurück und gründete erneut eine Druckerei. Adolf von Nassau erhob ihn später in sein Hofgesinde, wovon Gutenberg nur profitieren konnte: Er erhielt Kleidung, Nahrungsmittel und wurde von Steuern und Diensten befreit. Gutenberg war gewiss kein armer Mann gewesen.

Aber was hat er in seiner aktiven Zeit als Drucker in Mainz alles vollbracht? Anfänglich beschäftigte sich Gutenberg mit der Produktion kleinerer Schriftstücke, wie Ablassbriefe, Wörterbücher und Kurzgrammatiken. Sein berühmtestes Werk ist aber die Gutenberg-Bibel. Die erste mit beweglichen Lettern gedruckte Heilige Schrift. Sie wurde in zwei Bänden verfasst, die wir in einem Tresorraum in Glasvitrinen begutachten dürfen. Schummriges Licht und punktuell angestrahlte Bücher schaffen eine fast feierliche Atmosphäre. Fotos dürfen wir, wie fast überall im Museum, leider nicht machen. Schade, weil dieses Sahnestückchen es wirklich wert gewesen wäre. Neben dem gedruckten Werk liegt zum Vergleich auch ein handgeschriebenes Exemplar, das mich persönlich fast mehr beeindruckt hat, es sieht nämlich wie gedruckt aus. Trotzdem, die Gutenberg-Bibel ist etwas Besonderes. Die sogenannte B42 ist im Blocksatz mit 42 Zeilen in je zwei Spalten pro Seite gedruckt. Der perfekte Blocksatz entsteht durch das Einfügen von Ligaturen zwischen den Worten oder der Verwendung von Abkürzungen. Einige Buchstaben im schwarzen Text sind zusätzlich mit roter Farbe markiert. Dies deutet auf den Satzanfang hin, da Satzzeichen damals noch nicht, oder nur sehr selten, verwendet wurden. Eine clevere Idee, aber die Farbe musste im Nachgang an den Druck per Hand aufgetragen werden. Gutenberg konnte nur schwarze Druckfarbe aus Ruß und Leinölfirnis herstellen. Wie die Satzanfänge, wurden auch die Anfangsbuchstaben von Kapiteln und Abschnitten nachträglich künstlerisch eingetragen. Hin und wieder kam es vor, dass unbedeutendere Abschnitte im Verhältnis zum Inhalt übermäßig verziert wurden. Begründung: Der dafür zuständige Rubrikator konnte nicht lesen und schreiben und wusste nicht, wie wichtig die einzelnen Abschnitte im Gesamtwerk waren.

Gutenberg druckte 180 Exemplare der B42, 30 davon auf Pergament. Heute sind noch 49 erhalten und über die ganze Welt verteilt. Eine Gutenberg-Bibel ist, je nach Zustand, rund fünf Millionen Euro wert.

Neben Gutenbergs Lebenslauf und der B42 lernten wir in der nachgebauten Schau-Druckerei auch seine elementarste Erfindung kennen. Zur Herstellung der Lettern entwickelte er ein Handgießgerät, in das die Matrize für den jeweiligen Buchstaben zwischen zwei Holzbacken eingelegt wurde. Die Matrize ist eine Negativ-Form, die durch einen Stempel, die Patrize, aus härterem Metall entstand. Verflüssigtes Metall, wahrscheinlich eine Mischung aus Blei, Zinn und Antimon, füllte man nun in das handliche Gießgerät. Kurz aushärten lassen, fertig. Das Gießgerät wurde geöffnet und heraus kam eine sofort einsetzbare Letter. Waren die Lettern durch häufiges Drucken verbraucht, so konnten sie einfach wieder eingeschmolzen und erneut gegossen werden. Als Druckpresse baute Gutenberg eine Traubenpresse um, deren Bedienung echte Muskelkraft erforderte. Unser Hahn im Korb, Martin Rieger, hat es ausprobieren dürfen.

Sonja Steinhauer

Im Anschluss an diese lehrreiche Führung im Gutenberg Museum hatten wir noch etwas Zeit bis es ein sehr leckeres Abendessen im „Heiliggeist“ gab. Mit vollem Magen,  schweren Beinen und vielen Eindrücken machten wir uns auf den Weg Richtung Hotel.

 

Freitag, 26.Juli um 8:45 Uhr hieß es auch schon Abschiednehmen von Mainz und Hallosagen zu Frankfurt. In der Main-Metropole angekommen verstauten wir das Gepäck am Bahnhof und machten uns auf den Weg zur DNB. Ganz gespannt und voller Erwartungen warteten wir bis unsere Führung in der DNB begann …

Bei der Führung in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt klärte uns die Referentin ausführlich über die Aufgaben und Geschichte der Bibliothek auf: Die Deutsche Nationalbibliothek hat den gesetzlichen Auftrag alle deutschen und deutschsprachigen Veröffentlichungen ab 1913 zu sammeln, zu archivieren, bibliografisch zu verzeichnen sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Dazu gehören auch im Ausland erscheinende Germanica, Übersetzungen deutschsprachiger Werke sowie die Werke von deutschsprachigen Emigranten im Zweiten Weltkrieg. 1912 wurde die Deutsche Bücherei in Leipzig gegründet, 1946 folgte die Deutsche Bibliothek in Frankfurt am Main, für Westdeutschland. Mit der Wiedervereinigung wurden die beiden Bibliotheken und das Deutsche Musikarchiv zusammengefasst. Seit 2006 hat die Institution den Namen Deutsche Nationalbibliothek.

Täglich kommen rund 3500 Medien in der Bibliothek an. Dazu gehören Bücher, CDs, Zeitschriften, elektronische Veröffentlichungen, Abschlussarbeiten usw. Wer in Deutschland publiziert, ist verpflichtet seine Werke in zwei Exemplaren abzuliefern. Als Anstalt des öffentlichen Rechts hat die Nationalbibliothek einen jährlichen Etat von 45 Mio. Euro zur Verfügung. Ein kleiner Teil davon wird auch in Kunst investiert, zum Beispiel in Fotoausstellungen. Unter der Glaskuppel der Eingangshalle befindet sich die „Armalamor“ Skulptur von Georg Baselitz und vor dem Gebäude trennt eine Backsteinskulptur den Platz von der Straße. Die Bibliothek ist eine Präsenzbibliothek, das heißt es kann nichts ausgeliehen, sondern ausschließlich im Lesesaal angeschaut werden. Die Bestände sind in Magazinen archiviert. Ein Magazin hat die Fläche eines Fußballfelds, unter dem Gebäude befinden sich drei. Der Umfang der Bestände konnte sich uns, obwohl wir hinab fuhren, nicht erschließen. Die Flächen sind durch Brandschutzmauern unterteilt, damit ein Feuer nicht ein ganzes Magazin vernichten kann. Die größte Gefahr für die Bücher ist aber der Schimmel, da er schleichend und heimlich die Schriften angreifen kann.

Bettina Stötzer

Nach der Führung in der DNB ging es mit der U-Bahn zurück zum Frankfurter Hauptbahnhof und dann weiter nach Stuttgart. Somit gingen zwei schöne, anstrengende, erlebnis- und lehrreiche Tage zu Ende. Schön war’s.

// Christine Süß

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1 Kommentar
  • Sabine Gutekunst
    28. August 2013

    Toller Bericht – Somit können alle Lesende einen kleinen Einblick in die außerbetriebliche Schulung bekommen. Danke