Das Buch „Ich kann dich hören“ handelt von Osman Engels, einem 24-jährigen Cello-Studenten, der aus der Ich-Perspektive über sein Leben, die Wirrnisse in der Familie und die nicht einfachen Beziehungen erzählt. Die junge Autorin des Buchs, Katharina Mevissen, hat unter anderem Kulturwissenschaften und transnationale Literaturwissenschaften in Aachen studiert.

Die Hassliebe

Osman, welcher in einer Hamburger WG mit Luise, einer netten Tischlerin, zusammenwohnt, durchlebt gerade eine schwierige Zeit. Ein großer Bestandteil seines Frusts ist in der Musik begründet, der Ernüchterung der Liebe zur Leidenschaft, die ihm oft zum Verhängnis wird. Schon von klein an wächst der Protagonist mit der Musik als Lebensinhalt auf, da sein türkischer Vater Suat ein Profigeiger ist. Bereits in jungen Jahren versucht er der Musik zu entfliehen, muss sich aber dann im Jugendalter eingestehen, dass ihn die Musik eingeholt hat.

Die Familie

Ein weiterer Frustpunkt in Osmans Leben ist seine familiäre Situation. Suat hat sich bereits am Anfang des Buches das Handgelenk gebrochen und kann dadurch seinen Job nicht mehr ausüben. Er wird in Essen behandelt und operiert. In derselben Stadt lebt auch seine Schwester Elide Aydeniz, Osmans Tante. Diese war lange Zeit seine Ersatzmutter, da Osmans Mutter nach einer Fehlgeburt die Familie verlassen hat. Das findet Osman jedoch erst im Laufe des Buches zufällig heraus. Das ohnehin schon schlechte Verhältnis zwischen Vater und Sohn wird dadurch noch weiter geschädigt.

Die Stimme

Als Osman an einem Bahnhof ein Diktiergerät findet, taucht er in das Leben von Ella ein. Ella nutzt ihr Diktiergerät, um Momente festzuhalten, vor allem die mit ihrer Schwester Jo. Jo ist gehörlos und steht kurz vor einer OP, die ihr das Hören ermöglichen soll. Durch das Hören dieser intimen Aufnahmen und der Beziehung, die zwischen Jo und Ella zu spüren ist, schafft es Osman sich seinem Vater gegenüber etwas zu öffnen. Das Diktiergerät gibt ihm Halt und lässt ihn mit seinen Problemen nicht verzweifeln. Ellas Stimme hilft ihm, seine Probleme zu erkennen und sie anzupacken.
Er lernt, dass Zuhören eine sehr wichtige Eigenschaft ist und er das in seinem bisherigen Leben viel zu selten gemacht hat.

Es kristallisiert sich heraus, dass Kommunikation und die Verarbeitung von Schicksalsschlägen ganz essentielle Themen sind. Das Trauma, das Osman in der Kindheit, aufgrund des Verlustes seiner Mutter, ist ihm noch heute anzumerken. Sein Verhalten gegenüber seiner Tante und auch die Bindungsängste, die sich in der Beziehung mit Luise zeigen, können durch seine Vergangenheit gut nachvollzogen werden.

Grundsätzlich finden wir Ulmer-Azubis das Buch gut, waren aber einstimmig dafür, dass zu wenig Fesselndes und Spannendes auf inhaltlicher Ebene passiert. Zudem erläutert die Autorin die Gebärdensprache zu wenig, obwohl sie selbst eine Einrichtung für Gehörlose gegründet hat (Literaturinitiative „handverlesen“). Ihr Schreibstil ist sehr passend gewählt und man kann authentisch in die Gedankenwelt der handelnden Person eintauchen.

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